St. Wenzeslauskirche zu Hohenstadt

Eine recht bemerkenswerte Kirche: Einmalig im ganzen Hersbrucker Land ist die Benennung nach dem bekannten böhmischen Heiligen, ist der Kanzel-Altar, der rote Brandenburgische Adler an der ersten Empore – und über der zweiten Empore, oberhalb der Kanzel, das Markgräfliche-brandenburgische Wappen.

Bereits in einer Urkunde vom 28. Mai 1402 wird von einer vorhandenen „Capelle des Heiligen Wenzeslaw“ gesprochen. Unterschrieben ist sie von dem Bischof Albrecht von Bamberg und dem Burggrafen Johann III. von Nürnberg aus dem Hause Hohenzollern. Beider Siegel befindet sich dann auch sieben Jahre später am 24. August 1409, auf der „ Frühmess-Urkunde“, womit die Pflicht und der Unterhalt des ersten Frühmessers Conrad Clinger geordnet wurde. Die Frühmesse war der Pfarrei Hersbruck unterstellt und blieb das bis zur Einführung der Reformation im Jahr 1528. In Vollzug der Brandenburgisch-Nürnberger Kirchenordnung wurde Hohenstadt selbständige Pfarrei. Erster Pfarrer war Caspar Schopp.

Von dieser alten Kirche ist noch der wuchtige Turm in seinen beiden Untergeschossen erhalten. Darauf befand sich bis 1723 ein steiles Pyramidendach, ähnlich dem Kirchturm in Eschenbach. Damals wurde das altersschwache Langhaus bis auf das Fundament abgerissen, „erweitert“ neu gebaut, d.h. auf seine heutige Höhe gebracht und dem Turm eine Barockhaube mit Laterne aufgesetzt.

Das heutige Pfarrhaus steht genau an der Stelle, wo man 1409 für Conrad Clinger ein Wohngebäude errichtete.

Die Hanglage der Kirche, der wuchtige, mit Schießscharten versehene Chorturm und die starke, hohe Friedhofsmauer bezeugen einen von Anfang befestigten Kirchhof, in welchem sich bei Kriegsgefahr die Bevölkerung des Dorfes in Sicherheit bringen konnte. Der jetzige, etwas dünne obere Mauerkranz wurde erst 1830 aufgesetzt, anstelle der oben brüchig gewordenen alten Ringmauer. Ich habe mich persönlich davon überzeugt, dass diese in ihrem Fundament eine Breite von 1,12 Meter hat! Material einheimischer Kalkstein.

Die Namensgebung „Sanct Wenzeslaus“ vollzog Margaretha, die Frau des Burggrafen Johann III. von Nürnberg. Sie war eine Tochter des in Prag residierenden großen deutschen Kaisers Karl IV. In ihrer Jugend erlebte sie dort den Wenzelskult, den ihr Vater mit heiligen Eifer betrieb. Sichtlich wollte sie die Erinnerung an ihren 1378 verstorbenen Vater hochhalten, wenn sie seinem Lieblingsheiligen in Hohenstadt eine Stätte der Andacht setzte.

Im Inneren der Kirche befindet sich links von Altar die Holzfigur des Heiligen Wenzeslaus in Rüstung und mit dem Hut eines Herzogs von Böhmen. In der linken Hand hält er eine Lanze, zum Zeichen, dass er mit einer solchen am 28. September 935 zu Tode gebracht wurde und zwar durch seinen eigenen, fanatisch heidnisch gebliebenen Bruder Boleslaw.

Die Holzfigur rechts vom Altar stellt den Heiligen Wolfgang dar, 972 – 994 Bischof von Regensburg. Er wurde wohl darum 1409 zum 2. Schutzherrn unserer Kirche erkoren, um mit Bezug auf den Heiligen Wenzel zu sagen, dass ab dem Jahr 845 die Böhmen von Regensburg aus christlich missioniert wurden. Das Kirchlein, welches er in der linken Hand trägt, weist ihn als Erbauer vieler Kirchen aus.

Dass diese alten Heiligenfiguren aus dem 15. Jahrhundert im Jahr 1723 in das im protestantischen Sinn völlig neu gebauten Langhaus mit übernommen wurden, zeugt von der Toleranz der Brandenburg-Kulmbacher Markgrafen und ihrer Achtung vor der Überlieferung. Beides gehört wohl zu allen Zeiten zusammen.

Die über dem Altar befindliche Kanzel stammt aus dem Jahr 1685. Sie wurde 1779 anstelle des früheren Altarblattes eingebaut nach der Meinung des damaligen Markgrafen, dass protestantische Kirchen Predigtkirchen sein sollen.

Der Brandenburgische Rote Adler und das Markgräfliche Wappen erinnern an die rund 500-jährige Zugehörigkeit zum Hause Hohenzollern-Brandenburg. Am 8. Februar 1326 wurde Hohenstadt samt Kleinviehberg von den Nürnbergern Burggrafen aus strategischen Gründen erworben, zur Sicherung der wichtigen Handelsstraße von Nürnberg nach Prag. Seitdem bildet Hohenstadt eine burggräfliche, ab 1415 markgräfliche Insel inmitten pfalzbairischen, ab 1504 nürnbergischen Umlandes. Dies bis zur Bildung des Königreiches in Bayern 1806.

Mit dem Markgräflichen Wappen hat es noch eine Bewandtnis besonderer Art. Der seit Beginn des 30jährigen Krieges auf neutrale Haltung bedachte Markgraf Christian ermächtigte Hohenstadt im März 1621 mit einer SALVA GUARDIA (Schutzbrief) drei „Säulen“ aufzustellen, das waren Holzpfähle mit dem markgräflichen Wappen. Diese wurden errichtet: hinter dem Dorfbrunnen, am westlichen Ortseingang und vor dem Pfarrhaus. Erstaunlich die damit erreichte Schonung des Dorfes durch die durchziehenden und einquartierten Kriegsvölker. Laut den untrüglichen Kirchenbuch-Eintragungen der Taufen, Trauungen und Sterbefälle hatte Hohenstadt im Jahr 1649 (also unmittelbar nach dem 30jährigen Krieg) 12 Einwohner mehr als 20 Jahre vorher!

1742 wird von einer „Renovierung der Säulen“ berichtet, 1796 von einer vorbildlichen Respektierung der preußischen Neutralität durch die durchziehende französische Revolutions-Armee unter Jourdan (seit 1792 gehörte die Markgrafschaft Brandenburg-Kulmbach/Bayreuth zum Königreich Preußen, damit auch Hohenstadt. Und am 5.4.1795 war in Basel zwischen Frankreich und Preußen ein Sonderfriede abgeschlossen worden).

Nach 1806 wurde das vor dem Pfarrhaus an einem Holzpfahl befindliche Wappen aus dem Jahr 1742 in die Kirche hineingenommen.

Natürlich haben die markgräflichen Wappen nicht allein von sich aus auf die durchziehenden Kriegsvölker hemmend gewirkt, sondern nur durch das Danebenstehen von mutigen Pfarrern und Dorfrichtern, welche die entsprechenden Erläuterungen dazu gaben, unterstützt von der wackeren „Mannschaft“, der Selbstschutzeinrichtung des Dorfes.  Folgende Pfarrer haben sich besonders verdient gemacht: Johannes Liebold (1621 – 1644), Daniel Agricola (1644 – 1669), Friedrich Christian Senfft (1758 – 1798).

Und noch etwas ist dieser Kirche eigen, was seit mehr als 200 Jahren die Gottesdienstbesucher und Pfarrer freundlich anspricht und bewusst, oder unbewusst gut aufgenommen wird: der leicht beschwingte farbige Stuck an der Decke und den Emporen (von Meister M. Krieger – Happurg).

Weihnachten 1981
erforscht und verfasst von Wilhelm Aschka, Hohenstadt

Die Abbildungen 1 und 3 wurden vom Oberfränkischen Ansichtskartenverlag Bayreuth erstellt. Die restlichen Aufnahmen sind von Herrn Wolfgang Hahn.